Das Pyramidale Prinzip, von dem Pyramidales Präsentieren ausgeht, gibt korrekt eingesetzt ein starkes Präsentations- und Kommunikationsinstrument ab. Entwickelt von Ex-McKinsey-Beraterin Barbara Minto, macht es sich, getreu des Namens, einen Aufbau in Pyramidenform zu Nutze, um eine zentrale Kernaussage näher zu erläutern und zu visualisieren.
Im B2B-Umfeld kommt die Pyramidale Kommunikation bereits seit vielen Jahrzehnten zum Einsatz. Begründet wurde sie 1981 von Barbara Minto in einem Business-Konzept mit dem Titel "The Pyramid Principle. Logical Writing, Thinking and Problem Solving". Zu diesem Zeitpunkt hatte Minto schon mehrere Jahre bei der globalen Beratungsagentur McKinsey verbracht und suchte nach einem innovativen neuen Ansatz, um insbesondere Strategiepräsentationen für ihre eigenen Kunden bei McKinsey sinnvoller, übersichtlicher und verständlicher zu visualisieren.
Neu war ihr Ansatz deshalb, weil die Pyramidale Kommunikation das bis dato dominante wissenschaftliche Prinzip in der Unternehmenskommunikation im wahrsten Sinne „auf den Kopf“ stellte. Wissenschaftliche Kommunikation stellt eine Situation in vielen Schritten dar und führt schließlich zu einem Ergebnis. Pyramidale Kommunikation hingegen positioniert die Kernaussage an oberster Stelle. Von dort wird dann eine Argumentation abgeleitet.
Eine Weiterentwicklung und zusätzliche Orientierung liefert das Fachbuch "Business-Präsentationen mit Struktur" (im Englischen: "Key Message.Delivered"). In diesem wird Pyramidales Präsentieren mit einem Kriminalroman verglichen. Ein gängiger Krimi, der sich nach dem eben beschriebenen Prinzip der wissenschaftlichen Kommunikation aufbaut, führt den Leser Seite für Seite durch seine konzeptionierte Geschichte, während ein Kriminalroman, der eine Pyramidale Kommunikationsstruktur nutzt, direkt mit der Tat beginnen würde.
Eine wichtige Grundvoraussetzung ist zu berücksichtigen: Das zu visualisierende Thema muss sich logisch aufbauen lassen. Des Weiteren ist zwangsläufig notwendig, dass Inhalte rational und objektiv vermittelbar bleiben. Aus diesem Grund qualifiziert sich Pyramidales Präsentieren beispielsweise nicht als mögliche Lösung, wenn eine emotionale Entscheidung getroffen werden soll oder wenn die Präsentation Lehrinhalte vermittelt, die auf ihren fortschreitenden, logischen Aufbau angewiesen sind.
Wie könnte Pyramidale Kommunikation, auch abseits von Präsentationen, im Geschäftsalltag gestalten? Prinzipiell lässt sich diese Kommunikationstechnik überall da einsetzen, wo es Ihnen möglich ist, zuerst die Kernaussage zu vermitteln. Im Diskurs mit einem Mitarbeiter, Kunden oder Vorgesetzten würde das also so aussehen, dass Sie zuerst Ihre Aussage benennen und dann davon ausgehend weitere Argumente und Aussagen vorbringen. Ihr Gegenüber weiß somit gewissermaßen von der ersten Minute an, welchen Standpunkt und welche Sichtweise Sie vertreten, im Anschluss wird er Schritt für Schritt durch Ihren Denkprozess geführt.
Da es sich hierbei um ein Präsentations- und Kommunikationsinstrument handelt, beziehen sich die Vorteile speziell auf Ihren Gegenüber. Er (stellvertretend für alle Zuhörer/Empfänger) ist es schließlich, der Ihre Kernaussage verstehen und nutzen können soll.
Aufgrund des „umgedrehten“ Aufbaus, bekommt der Zuhörer die wichtigste Information (die Kernaussage) direkt vorab mitgeteilt. Alle weiteren Argumente kann er dann automatisch in den korrekten Kontext setzen. Das wiederum gibt der Präsentation selbst eine nachvollziehbare Struktur und einen wichtigen roten Faden, was insbesondere bei komplexen Sachverhalten ein entscheidender Vorteil gegenüber der wissenschaftlichen Kommunikation ist. Die Empfänger sind somit zugleich in der Lage, sich innerhalb Ihres Denkprozesses zu orientieren. Ist das Ziel/Ergebnis von Anfang an klar, wird die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen oder Fehlinterpretationen reduziert.
Die Pyramidale Kommunikation erleichtert zugleich die Auswahl der vorzubringenden Inhalte, da nur noch jene wichtig sind, die in direkter Verbindung zur eingangs dargestellten Kernaussage stehen. Für die Person, die so kommuniziert oder präsentiert, schafft das schon bei der Konzeptionierung der Präsentation zusätzliche Übersicht, die sich im weiteren Verlauf positiv auf den Präsentationsflow auswirkt.
Deshalb eignet sich Pyramidales Präsentieren auch sehr gut für Personen, die nur selten Sachverhalte gegenüber Zuhörern vorstellen müssen oder noch gar keine Erfahrungen dahingehend besitzen. Die Pyramidale Struktur schafft zusammengefasst sowohl für den Präsentierenden als auch die Zuhörer Übersicht.
In der Business-Fachliteratur wird an dieser Stelle auf sieben Schritte verwiesen, die sich mittlerweile zum Standard entwickelten.
Die Länge beziehungsweise der Umfang solch einer Pyramide sind nicht begrenzt. Zumindest theoretisch könnte eine solche Pyramide also aus unendlichen verschiedenen Graden/Schichten bestehen und nach unten hin konsequent breiter werden. In der Praxis ist die detaillierte Argumentation für eine Kernaussage natürlich irgendwann erschöpft.
Die Kernaussage läutet den Anfang Ihrer Präsentation und damit auch des Arguments ein. Nach Mintos Ansatz haben Sie nun zwei Argumentationskonzepte zur Auswahl, um diese Kernaussage näher zu erläutern. Diese an die Spitze der Pyramide zu stellen, sorgt für einen "Pull-Effekt". Der Zuhörer weiß direkt worum es geht und fühlt sich idealerweise durch die Kernaussage angezogen beziehungsweise sein Interesse ist dadurch geweckt.
Gruppen werden in der Regel genutzt, sofern bereits ein allgemein gültiger Konsens vorherrscht. Die an der Spitze befindliche Kernaussage erhält dann durch parallele, darauf bezogene Aussagen Unterstützung und wird damit gestärkt. Bei einer guten, durchdachten Kommunikation, sind diese parallelen Aussagen so gestaltet, dass sie die Kernaussage aus unterschiedlichem Blickwinkel beleuchten. Fragen wie "Warum?" oder "Wie?" oder "Was?" beantworten diese parallelen Aussagen im Kontext der bereits getätigten Kernaussage.
Im englischsprachigen Business-Umfeld wird dabei auch von "MECE" (mutually exclusive and collectively exhaustive) gesprochen. Im Deutschen wird stattdessen "GÜTE" verwendet. "GÜTE" steht für:
Die parallel getätigten Aussagen müssen dem GÜTE-Prinzip standhalten. Der GÜTE-Prozess fußt übrigens nicht allein auf Barbara Mintos Pyramidenkonzept, sondern wurde über die Jahrzehnte von weiteren Präsentations- und Kommunikationsexperten ergänzt. Minto selbst hatte in ihrem Konzept aber schon überschneidungsfreie und erschöpfende Parallel-Aussagen erwähnt.
Argumentationsketten werden verwendet, wenn noch kein allgemeiner Konsens vorherrscht. Ebenso kommen diese in Frage, wenn Sie bei Ihren Zuhörern/Empfängern eine gewisse Skepsis hinsichtlich Ihrer Kernaussage erwarten. Argumentationsketten stehen nicht parallel zur Kernaussage, sondern gehen dieser im Zuge einer logischen Argumentation voran, auch wenn diese für Pyramidales Präsentieren visuell auf den Kopf gestellt wurde. Mit solchen Argumentationsketten wird vor allem das "Warum?" erläutert. Der Zuhörer/Empfänger soll damit erfahren, "warum" Sie die Kernaussage getroffen haben und wie Sie diese begründen.
Pyramidale Kommunikation ist übrigens nicht auf eine Lösung beschränkt. Es ist durchaus möglich, Argumentationsgruppen und -ketten sinnvoll innerhalb einer Pyramide miteinander zu kombinieren. Beide Argumente werden bei Pyramidaler Kommunikation übrigens als vollständige Sätze und nicht nur als Stichpunkte formuliert.
Pyramidale Kommunikation funktioniert nicht immer, denn wie schon viele andere Techniken, ist es keine Allzwecklösung die immer und überall überragende Ergebnisse liefert. Am Modell von Minto wird beispielsweise die Kritik geübt, dass die Kernaussage durch den Aufbau nur geschwächt vorgebracht wird, da sie nicht wie bei wissenschaftlicher Kommunikation hergeleitet wird. Ebenso kritisieren manche Experten, dass sich das Prinzip nur zur Sachverhaltsdarstellung eignet, aber keinen Dissens erlaubt und häufig am Zuhörer vorbei argumentiert wird.
Trotzdem ist Pyramidale Kommunikation nach wie vor ein häufig genutzter Standard, insbesondere in der Unternehmensberatung. Wichtig ist also wie immer, das Instrument sinnvoll und an geeigneter Stelle einzusetzen, um von den verschiedenen Stärken und Vorteilen zu profitieren. Pyramidale Kommunikation kann auch eine Hilfe zur Eigenhilfe sein, indem Sie damit ein Argument oder eine Aussage einmal "auf den Kopf gestellt" denken und somit vielleicht eine neue Sichtweise erlangen.